26.05.2017
91 km
- Sachsen-Anhalt ist erreicht -
Ich war wohl heute Nacht der einzige Gast des Hauses, zumindest wenn man dies an dem eingedeckten Frühstückstisch festmacht. Die Wirtin ist so nett und gestattet mir, 2 belegte Brötchen mitzunehmen. Für diesen Zweck legt sie mir extra Alufolie zum Einwickeln hin - das macht auch nicht jeder!
Mein erster Weg führt mich zu Penny, wo ich mich mit Getränken eindecke. Auch kann ich hier eine Batterie für meinen Fahrradcomputer erstehen. Nach erfolgtem Einbau funktioniert der drahtlose Computer zunächst wieder, unterwegs treten aber immer wieder lästige Aussetzer auf. Da hilft nur eins: wenn ich wieder zuhause bin, werde ich das Teil entsorgen und durch einen verdrahteten Fahrradcomputer ersetzen.
Gegen 09.00 Uhr verlasse ich Gifhorn bei bestem Radlerwetter. Als ich den Stadtrand erreiche, kommt mir eine alte Frau entgegen und gibt mir Zeichen anzuhalten. Ganz weinerlich und verwirrt erzählt sie mir, dass sie sich verlaufen hätte und nicht den Weg zurück ins Pflegeheim finden würde. Ich frage sie, in welcher Straße sich das Heim denn befinden würde bzw. wie das Heim denn hieße. Sie entgegnet mir, dass sie das vergessen hätte. Ein einheimischer Autofahrer hält an und ich frage ihn, ob ihm ein Pflegeheim in der Nähe bekannt wäre. Er gibt mir die Adresse, ich rufe dort an und tatsächlich: die alte Dame wird schon vermisst. Es sei bereits das 4. Mal, dass sie sich verlaufen hätte. Lange Rede - kurzer Sinn: wenig später erscheint ein Pfleger und nimmt die alte Dame wieder in seine Obhut. Na, das ist ja noch einmal gut gegangen.
Für etwa eine halbe Stunde geht der Weg durch einen Wald. Leider ist der Untergrund grob geschottert, so dass man nur mühsam vorankommt. Um die Reifen braucht man sich heutzutage wohl keine großen Gedanken mehr zu machen. Seitdem ich unplattbare Reifen von Schwalbe Marathon aufgezogen habe, ist nie wieder ein Plattfuß aufgetreten. Ich unterfahre den Elbe-Se
itenkanal, der in einer riesigen Betonwanne über das Sträßchen geführt wird.
In Fallersleben finde ich ein schönes Schloss vor. Und wie bestellt, findet gerade jetzt eine Hochzeit statt. Nach der Unterführung der A39 fahre ich in Wolfsburg ein. Der Radweg führt durch einen großen Park und hinauf auf den Köhlerberg. Hier wird es extrem steil. Einmal bin ich sogar gezwungen, das Rad zu schieben. Danach geht es rasant bergab durch die Wolfsburger Innenstadt. VW ist hier natürlich allgegenwärtig und dadurch besteht die Stadt überwiegend aus Industriebauten. Da die City nicht so attraktiv ist, überquere ich den Mittellandkanal und mache einen kurzen Fotostopp beim Schloss Wolfsburg, dem auch ein großer Park angeschlossen ist. Durch diese Anlage führt die Route und es dauert dann recht lange, bis man die Wolfsburger Vororte hinter sich gelassen hat.
Jetzt kommt zur Abwechslung wieder ´mal eine
längere Waldpartie, wobei hier die Wege recht gut zu befahren sind. Ich überquere die innerdeutsche Grenze und lege in Oebisfelde im Schatten der Kirche eine 1-stündige Mittagspause ein. Von der Stadt hat man den Eindruck, dass hier nach der Wende nicht allzu viel passiert ist. Viele alte Häuser sind noch nicht saniert. Da ist noch einiges aufzuarbeiten! Sehr schön und ansehnlich allerdings sind das Rathaus, die Kirche und die Burg.
Die Ausfahrt aus Oebisfelde gestaltet sich etwas schwierig, da wegen einer Baustelle die ausgeschilderte Radroute gesperrt ist. Auch meine Navi-App hilft mir nicht weiter: 2-mal werde ich im Kreis herumgeschickt. Erst ein netter Einheimischer zeigt mir eine Alternativroute auf, die mich über eine kleine Kreisstraße direkt ins nächste Dorf führt. Es wird jetzt etwas hügeliger - das Vorgebirge des Harzes macht sich bemerkbar. Die Wegebeschaffenheit ist jetzt wieder optimal: kleine geteerte landwirtschaftliche Straßen und eine gute Ausschilderung.
Die Aller, die sich hier und da ´mal blicken lässt, hat nur noch die Breite eines Baches und plätschert munter vor sich hin. In Weferlingen kümmere ich mich um die heutige Übernachtung. Gleich beim ersten Anruf habe ich beim Gasthaus in Beendorf Erfolg, etwa 15 km entfernt. Ich blei
be in Abweichung vom offiziellen Kurs auf der Kreisstraße, muss noch ein paar Hügel meistern und treffe gegen 15.30 Uhr in meinem Quartier ein.
Beendorf ist ein kleiner Ort. Die einzige Sehenswürdigkeit ist der “Schacht Marie”, ein ehemaliges Munitionslager der Nazis. Aber das muss ich mir nicht unbedingt anschauen. Dafür nehme ich lieber bei herrlichem Wetter mein Abendessen im Außengelände des Hotels ein und habe dabei ein nettes Gespräch mit einem 76-jährigen Radler aus Detmold, der auch den Aller-Radweg abfährt.
Nachdem ich diesen Tagesbericht geschrieben habe, gehe ich noch einmal hinunter und gönne mir das eine oder andere Bierchen. Der rüstige 76-Jährige ist auch noch da und wir tauschen uns über die bisher unternommenen Radtouren aus.
Tagestelegramm: gefahrene km: 91 insgesamt: 395 Unterkunft: Großes Zimmer mit Bad und einem gewissen DDR-Flair. Wetter: warm und trocken, nachmittags 26 Grad C! Spruch des Tages: Wenn auch die Navi-App ´mal scherzt, fahr´ ich doch weiter ganz beherzt. Manchmal muss man halt mal fragen und hören was die Leute sagen.

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